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sechsundsechzig

sechsundsechzig
Heute möchte ich mal eine kleine Geschichte erzählen…

Er, ein einsamer Wolf in der Hitze der Großstadt, ist stets auf der Suche nach Unterhaltung. Und er hat eine sich stetig verändernde Quelle, in der er immer wieder mal eine nette Bekanntschaft findet.

Er ist ein Virtuose im Umgang mit Worten. Er erzeugt Bilder im Kopf seines Gegenübers, deren Wirkung man sich nicht entziehen kann. Er hat Lebenserfahrung, gute wie schlechte. Er wurde verletzt und hat verletzt. Er lebt sein Leben und findet Parallelen wohin er auch schaut. Diese Parallelen bestätigen ihn einerseits, andererseits führen sie ihn auf falsche Pfade…

Er ist ein Mensch, der sein Leben intensiv und exzessiv lebt. Als hätte er Angst, nicht alles wahrnehmen zu können, setzt er immer noch einen drauf. Hopp oder topp. Alles oder nichts. Sekt oder Selters. Wenn er etwas nimmt, nimmt er es richtig. Entscheidet er sich zum Verzicht, geschieht dies auch ohne Wenn und Aber. Ohne jede Diskussion oder Abwägen der Möglichkeiten.

Er ist auf der Suche, jedoch kann ich nicht sagen wonach er sucht. Vermutlich weiß er es auch nicht.

Auf jeden Fall sucht er auch Unterhaltung. Und auf dieser Suche findet er immer mal wieder ein nettes kleines Wesen, was seinem betörenden Spiel verfällt.

Wüsste sie, dass dieses Spiel einer Regel unterliegt, würde es ihr bei Spielende nicht so sehr wehtun. Aber dann wäre sie auch nicht so offen und könnte sich dem momentanen Zauber nicht so intensiv hingeben. Sie genießt die Beachtung, diese Aufmerksamkeit, die er ihr zuteilwerden lässt. Sie kann es kaum glauben, dass sie sich gerade in diesem Märchen befindet. Sollte es tatsächlich einen Prinzen für sie geben?

Naja, bei so vielen schlechten Erfahrungen, die sie im Laufe der Zeit schon gemacht hat, ist sie ja nun aber auch mal dran mit einer Portion Glück, kommt es ihr in den Sinn. Irgendwie hatte sie bisher nie den Richtigen gefunden. Immer verwandelte sich der Prinz in einen Frosch. Die rosarote Wolke färbte sich schnell in ein tristes alltagsgrau.

Wenn sie nur wüsste, wie kurzlebig dieses Glücksgefühl ist. Dann könnte sie sich darauf einstellen und würde nicht so fürchterlich abstürzen mit ihren Gefühlen, wenn der Tag dann kommt…

Sie bewegt sich wie in einem Traum. Da ist jemand, der Interesse an ihr hat. An ihr! Er flirtet, was das Zeug hält, ist charmant, aufmerksam und unterhaltend. Hat viele Anekdoten zu erzählen. Und findet immer einen humorvollen Abschluss.

Wenn sie dann doch irgendwann eingeschlafen ist, träumt sie von ihm. Träumt davon, wie sie mit ihm die tollsten Abenteuer erlebt.
Aber sie kann auch sehr ernste Gespräche mit ihm führen, es gehen ihnen nie die Themen aus. Es gibt nie eine peinliche Gesprächspause.
Wenn sie morgens zur Arbeit fährt, hört sie plötzlich die Lieder mit ganz anderen Ohren. In jedem Lied hört sie plötzlich einen tieferen Sinn heraus. Sie strahlt ihre Umwelt an, als würden keine Lampen mehr gebraucht.
Sie hat sich so sehr an ihn gewöhnt, dass sie sich einen Tag ohne ihn gar nicht mehr vorstellen kann. Sie braucht den täglichen Austausch, das Gespräch mit ihm. Sie badet täglich in diesem herrlichen Gefühl der Geborgenheit und Harmonie, das er bei ihr erzeugt. Sie hat überhaupt kein Gefühl für Zeit und Raum. Es fühlt sich so vertraut an, dass ihr gar nicht bewusst wird, in welch kurzer Zeit dies alles geschehen ist.

Dann kommt der Tag, an den er das Ende des Spiels gesetzt hat. Nach einem Zeitraum, den er definiert hat, stellt er den Kontakt ein. Lässt sie förmlich verhungern und verdursten.

Nun ist der Tag gekommen, an dem sie merkt, dass sich etwas verändert hat. Sie braucht noch ein paar Tage länger, bis sie begreift, ihr Glück ist ihr durch die Hände geronnen wie Wüstensand.

Sie stellt sich die Frage nach dem Warum. Sie kann es sich nicht erklären. In der ganzen Zeit ist kein böses Wort gefallen, nicht mal eine Meinungsverschiedenheit hatten sie. Es war auch nicht langweilig. Sie wird keine Antworten auf ihre Fragen nach dem Warum bekommen, wird ihn nie wieder sehen und hören…

Nun, ihm war es vielleicht schon langweilig. Oder hatte er sein Ziel erreicht, sie in der vorher festgelegten Zeit in diese Gefühlslage zu bringen und IHR stellvertretend für alle Frauen Kummer zuzufügen? Vielleicht gab es ihm Genugtuung, dass er die Kunst der Verführung noch beherrscht.

In jedem Fall hatte der Spieler seinen vorher gesteckten Zeitrahmen für dieses Spiel nicht überschritten… neuneinhalb Wochen…

Kommentare

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(Nutzer gelöscht) 11.12.2015 19:48
Sehr intressant und ich Denke genau so ist es ,sich noch einmal ins Leben Rufen aber das wirkliche vergessen , dem Grauen Wolf geht es nicht um Zweisamkeit nein es geht ihm um sich selber er will suchen aber nicht Landen das ist er nicht gewöhnt er Lebt andersts , er möchte nicht treilen obwohl er es sich wünscht er möchte keine zweisamkeit obwohl er sich danach sehnt,er möchte seine Ruhe die eraber nicht mehr hat so fühle ich auch esist schön zusammen zu sein aber schöner allein ,ab einem Gewissen Alter kommt der Moment in dem du allein besser Lebst wie zusammen ohne Gewissensbisse , du magst beliebt sein begehrt seinaber du willst alleine sein versteht das deine Liebste ich glaube nicht .
T.B
 
(Nutzer gelöscht) 12.12.2015 18:44
Das stimmt aber es gibt Menschen die Verändern sich im Leben und Haben nach Jahren ein anderes Perspektiv , die wollen gerne einen Menschen um sich aber nicht immer obwohl sie seine Nähe Lieben ist er lästig das würde auch für mich gelten ich mag gemeinsamkeit will aber auch meine Ruhe , wer versteht das schon ?
T.B
 
Helianthus67 12.12.2015 19:32
Vielen Dank für Eure Kommentare. Hier scheint der Wolf ja gut beschützt und auf verständige Geister zu stoßen…

@TB
Obwohl ich diese Zerrissenheit gar nicht so herausgestellt habe, hast Du es auf den Punkt gebracht. Aber wäre es nicht einen Versuch wert, der liebsten genau dieses zu erklären? Er würde sich vielleicht wundern, wie viel von dem auch auf sie zutrifft. Wer sagt denn, dass sie nicht auch unsicher ist, wenn sie gefunden hat? Wer sagt denn, dass nicht auch sie ihre Freiräume erhalten möchte? Ist es nicht eher so, dass er nur die Bestätigung sucht? Dass er gar keine Beziehung will? Beziehung heißt ja nicht zwingend, zusammen zu leben und jedes Brot zu teilen. Da ist ja vieles möglich, sofern man miteinander spricht.
Vielen Dank für Deine Ergänzung.

@Persona
Zum einen ist es ja selbstbestimmt, ob er weiterhin der Wolf sein will oder sich auch mal (vielleicht etwas experimentell) auf ein „Rudel“, wenn auch ganz kleines, einlässt. Ich würde ihm wünschen, dass er nochmal den Blick in die Augen seine gegenüber wagt, vielleicht sieht er ja dort beim nächsten Mal nicht seinesgleichen und findet den Boden unter seinen Füßen.
Auch Dein Bild ist eine gute Ergänzung der gezeichneten Figur. Vielen Dank.

@seeyou
In der hier geschriebenen Geschichte war kein Klammeraffe geschildert. Es sollte ein intensiver Kontakt und seine Wirkung beschrieben sein.
Und nein, er ist nicht verstorben. Aber auch das wäre eine mögliche Erklärung. Nur in diesem Fall gäbe es keinen anderen Weg, keine Lösung für sie.
 
(Nutzer gelöscht) 13.12.2015 14:42
Ja das ist die alte Geschichte ,der alte Zausel will seine Ruhe und sich nicht binden , aber in dunklen Momenten sehnt er sich nach ,,ihr" die für ihn da ist , er ist einfach alles Leid selber machen zu müssen , aber was ist wenn ...? es doch eine gäbe was würde er für sie tun ,wie würde ihre Hilfe oder Geben bei ihm ankommen wäre er dankbar oder würde nur weitergrummeln ,kein Danke oder haste gut gemacht käme über seine Lippen , vielleicht ist es danke zu sagen Anmachholz passend zu spalten , den Ascheimer rauszutragen , ihr eine tasse kaffee mit einzuschenken , für andere Normal für ihn eine grosse Geste . Er schenkt keine Blumen , er Backt keinen kuchen , sie Brauch Schuhe er bringt sie von der Raiffeisen mit , er denkt Praktisch , er Tischlert ihr ein regal mit Liebe , er hat es für sie gemacht aber in Zeiten von Ikea und co ,kommt diese Art Liebe bei ihr nicht mehr an . Ausser man sieht hinter diesem Groben Klotz ein weiches herz das nicht anderst kann .
T.b
 
Helianthus67 13.12.2015 20:24
@ Persona
Ich habe einführend darauf hingewiesen, dass ich eine Geschichte erzähle. Autobiographische Parallelen sollten hier nicht gesucht weden…

@seeyou
Der von dir zitierte Satz bezog sich auf die Variante, dass der Akteur gestorben ist. Nur in diesem Fall bliebe ihr keine Wahl. In diesem speziellen Fall sollten wir keine Absicht für das Verlassen unterstellen.
Im Übrigen gebe ich dir recht…

@TB
Da heißt es wohl, einen Kompromiss für beide Seiten zu finden und miteinander im Gespräch bleiben, um die Anzahl der Missverständnisse so gering wie möglich zu halten. Andernfalls bleibt die Möglichkeit, als Eremit dahinzuvegetieren. Ereignisreicher wäre wohl die erste Variante…
 
(Nutzer gelöscht) 13.12.2015 22:23
@helianthus67, eine gut erzählte Geschichte, die gefällt mir.
Aber, ein „einsamer Wolf“ hat seine Bezeichnung nicht von ungefähr.
Auch hat er ein überaus freundliches Gesicht, das von einem „grimmigen“ Gesicht begleitet wird.
Hat es, das Opfer, nun nach anfänglichem misstrauischem zögerlichen Verhalten, sollte es oder besser doch nicht, Zutrauen gefasst haben, erkennt es gar nicht oder zu spät das „Grimmige“ hinter der freundlichen „Maske“. Aber dann hat er schon zugeschnappt, und es ist gefangen in seinem Bann, aus dem es sich schwerlich befreien kann, oder es manchmal gar nicht will, obwohl der Wolf schon ein anderes Jagdrevier gesichtet hat, um sich dort wegen seiner geistigen und körperlichen Erbauung zu „weiden“ - so auch ein einsamer Wolf der Großstadt...
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