vergeben

vergeben
Tja, da gehen die Wochen ins Land und man lebt so vor sich hin, macht das Beste mit der Zeit, die man so zur Verfügung hat, und dann kommen mal wieder die Gedanken…

Was treibt den einen oder anderen um? Manchmal fühle ich mich so hilflos – ich verstehe einfach nicht, was der eine oder andere da so bezweckt mit seinem Tun. Dann frage ich nach und mit viel Glück bekomme ich auch eine Antwort. Denke ich jedenfalls im ersten Augenblick. Bei näherer Betrachtung dann werden meine Fragen nicht weniger, sondern mehr. Und die Antworten fehlen wieder…

Vielleicht ist es ja ein Merkmal, dass mich charakterisiert: Ich will immer alles verstehen! Leider gibt es auf Erden Dinge, die ich nicht verstehe und auch nicht verstehen werde. Aber die „kleine“ Dinge, die mich persönlich betreffen oder Menschen, die mir wichtig sind, möchte ich verstehen.

Am letzten Wochenende habe ich meine Zeit besonders gut mit einem der zwei schönsten Hobbies der Welt verbracht. Und ich habe mich sehr gut gefühlt. Habe Menschen besucht, die zu meinem Leben gehören, die mir wichtig sind und jemanden, dem ich vergeben habe. Ich bin wiederholt einen Schritt auf diesen Menschen zugegangen - mit Erfolg. Manchmal funktioniert sie dann doch, die Beharrlichkeit. Nicht immer, aber manchmal.

Vergeben – das soll heißen, ich habe keinen Groll mehr, keine Wut oder einen schlechten Gedanken für diesen Menschen. Ich kann ihn seines Weges gehen lassen. Es gibt Dinge in dessen Leben, die ich nicht gut heißen kann, die nicht zu entschuldigen sind, aber dennoch möchte ich den Kontakt von meiner Seite nicht abreißen lassen. Und ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, ich sorge mich um diesen Menschen.

Es waren in der Vergangenheit lange Zeitfenster zwischen den Besuchen, in früherer Zeit durch Dritte vermittelt. Aber wenn ich heute in der Nähe bin, fahre ich auf eine Tasse Kaffee und ein Gespräch hin. Außenstehenden scheinen die Gespräche nur oberflächlich erscheinen. Aber mir ist z.B. beim letzten Besuch aufgefallen, dass wir doch am Leben des anderen teilhaben. Jeder denkt über den anderen und sein Leben nach.

Und dann werden Ereignisse erzählt, die ich bisher so noch nicht gehört hatte. Es hat mich einerseits schockiert, andererseits auch nicht überrascht. Dieses nicht-überrascht-sein hat mich dann wiederum überrascht. Auch wenn ich ein solches Verhalten nicht erwartet habe, hätte ich es nicht ausgeschlossen.

Menschen, die einem bisher wirklich nahe waren und es auch noch sind, denkt man zu kennen. Und dann hört man von einem Vorfall, den man nicht glauben möchte. Einerseits kann ich das Verhalten verstehen, andererseits bin ich selbst in einer ähnlichen Situation und kann ein solches Verhalten nicht gut heißen.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie Menschen in bestimmten Situationen reagieren. Wie hätte sich unser Leben wohl gestaltet, wenn nicht so viele Verletzungen erlitten worden wären? Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man in bestimmten Situationen nicht angemessen reagiert.

Und leider kann man nichts rückgängig machen. Man kann sich entschuldigen, um Verzeihung bitten, hoffen, dass einem irgendwann vergeben wird – aber die Zeiger der Zeit zurückdrehen geht leider nicht.

Ich wurde von jemandem vor nicht allzu langer Zeit gefragt, ob ich einem bestimmten Menschen, den ich sehr liebe, vergeben kann. Meine spontane Reaktion war NEIN, noch nicht. Die Verletzungen und Verzweiflung saßen noch so tief in mir.
Heute glaube ich, ich kann ihm vergeben. Vielleicht habe ich es schon getan. Auch wenn ich sein Verhalten und das, was ihn umtreibt nur in Ansätzen verstehe und es mich auch weiterhin traurig macht.

Ob er wohl auch vergeben kann? Ich wünsche ihm von Herzen, dass er denen, die ihn so sehr verletzt haben, vergeben kann. Diesen Menschen nicht mehr grollt, nicht mehr nach trauert.

Ich wünsche ihm, dass er sich der Zukunft öffnen kann. Dem neuen und wunderbaren, was da auf ihn wartet…

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